Die eierlegende Wollmilchsau

Robin Stein

  1. Kurzfassung
  2. Die grundlegende Idee
  3. Soundkarte und Ministeckbrett
  4. Digitales Messgerät mit Computeranschluss
    1. Möglichkeiten und Grenzen
    2. Messung des Erdmagnetfeldes mit dem Magnetfeldsensor AA1002-2
  5. Experimente mit einem preiswerten Interface
  6. Stromversorgung aus dem PC
  7. Videoanalysen mit einer WebCam
  8. Ausblick
  9. Literatur
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Inhalt

1. Kurzfassung

Ziel meiner Jugend-forscht-Arbeit ist es, ein preiswertes Minilabor für den Physikunterricht im Medienraum zu bauen. Ich bin der festen überzeugung, dass Experimentiergeräte und Computer zusammengehören und nicht wie bisher in zwei getrennten Räumen stehen sollten. Um meine Idee von Schülerexperimenten im Medienraum zu verwirklichen, habe ich mein kleines Labor mit vielen Geräten bestückt und hiermit Versuche durchgeführt. Die wichtigsten Geräte, die es mir erlaubten physikalische Größe in den PC einzulesen waren hierbei: eine Soundkarte, ein digitales Multimeter mit Computeranschluss, ein preiswertes Interface und eine WebCam für die Videoanalyse. Hiermit kann ich ein breites Spektrum von Physikversuchen auf kleinem Raum zu geringen Kosten abdecken. An Software habe ich die Programme GoldWave, Galileo und Excel benutzt. Hinweisen möchte ich noch auf den neuartigen GMR-Magnetfeldsensor AA1002-2, mit dem ich besonders gerne experimentiert habe. Meinem Minilabor habe ich den Namen "Eierlegende Wollmilchsau" gegeben, weil es in so vielen Bereichen der Physik mit Nutzen eingesetzt werden kann.

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2. Die grundlegende Idee

Meine beiden Lieblingsräume in meiner Schule sind der Medienraum mit 19 relativ flotten Rechnern und der große, gut ausgestattete Physik-Experimentierraum. Im ersten Raum surfen wir im Internet und im zweiten machen wir interessante Schülerexperimente. Verstanden habe ich nur nie, warum man den Vorteil beider Räume nicht in einem Raum vereinen kann. Physikalische Schülerexperimente unter Einsatz von modernen Computern würden meinen Mitschülern und mir die Physik bestimmt sehr viel effektiver und gleichzeitig auch noch interessanter nahe bringen, da wir auch in unserer Freizeit sehr gerne vor dem PC hocken. Zuerst mag man ja denken, Laptops im Physikraum wären die ideale Lösung. Allerdings würde dies die finanziellen Mittel unserer Schule weit überschreiten.

Lange dachte ich über dieses Problem nach und redete mit meinen Freunden in der Miniforschung darüber. Langsam reifte dann die folgende Idee heran: Ich wollte ein kleines und preiswertes Labor entwickeln, mit dem man möglichst viele Physikexperimente so im Medienraum durchführen kann, dass der Computer bei der Messwerterfassung und bei der Auswertung eine zeitgemäße Rolle spielen kann. Dies finde ich sehr wichtig, denn in der Arbeitswelt ist der PC inzwischen zu einem alltäglichen Werkzeug geworden. Mein Experimentiermaterial sollte deshalb klein sein, weil auf den Computertischen relativ wenig Platz ist. Und preiswert sollte es sein, weil unsere Schule nicht das Geld hat, um sich eine zweite Physiksammlung zu kaufen. So sammelten sich immer mehr kleine Experimentiergeräte in meiner Laborkiste. Mein Ziel war es jedoch, mein Minilabor so auszubauen, dass man fast* alle Physikversuche damit machen kann. Es sollte sich zu einer echten eierlegenden Wollmilchsau entwickeln.

*Mit Ausnahme der Versuche zur Wellenlehre, denn diesem Thema haben sich meine mit Mitforscher Binia Neuer und Moritz Plötzing gewidmet.

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3. Soundkarte und Ministeckbrett

Als Einstieg in mein Projekt diente mir das Buch meines Vaters "Versuche mit der Soundkarte". Ohne große Kosten zu verursachen, verbindet die Soundkarte die Leybold-Steckelektronik mit dem PC. Auch lassen sich zahlreiche Versuche zur Mechanik, zur Akustik und zum Thema elektromagnetische Schwingungen mit ihr durchführen. So kann man z. B die gedämpfte Schwingung (Abb. 3.1) oder die Einschwingphase eines Schwingkreise aufzeichnen, um nur zwei Bespiele zu nennen (Abb. 3.2) .

Abb. 3.1 Gedämpfte elektromagnetische Schwingung

Abb. 3.2 Einschwingphase eines Schwingkreises

Leider ist auf den Computertischen in unserem Medienraum sehr wenig Platz. Beim Nachvollziehen einiger Versuche empfand ich die Leybold-Elektronik doch als etwas groß für den Medienraum. Außerdem stellte ich es mir schrecklich vor, wenn man die gesamte Steckelektronik für eine Klasse durch die halbe Schule zum Informatikraum zu tragen muss. Deshalb schlug ich meinem Vater vor, die Leybold-Steckelektronik durch kleine Steckplatinen (Abb. 3.3) von Conrad Electronic zu ersetzten. Diese sind nicht nur kleiner, sondern auch viel preiswerter als die teure Leybold-Elektronik. Außerdem kann man sie interessierten Schüler auch mal für eigene Experimente mit nach Hause geben.

Abb. 3.3 Schaltplan und bestückte Steckplatine

Mit dem in Abb. 3.3 skizzierten Versuchsaufbau (Schwingkreis mit vorgeschalteten Widerstand und Trenntrafo) führte ich folgendes Experiment durch: In das CD-Rom-Laufwerk legte ich eine CD mit Audiodateien ein. Danach verband ich die Schaltung mit dem regelbaren Kopfhörerausgang des CD-ROM-Laufwerkes. Nun spielte ich einen Sinussweep (bei konstanter Spannung verändert sich die Frequenz von 20Hz auf 20kHz) ab. Gleichzeitig zeichnete ich die am Schwingkreis anliegende Spannung über den Line-In-Eingang der Soundkarte auf und erhielt das in Abb. 3.4 dargestellte Diagramm. Es zeigt, dass die Spannung am Schwingkreis bei einer ganz bestimmten Frequenz, der sogenannten Resonanzfrequenz deutlich ansteigt. Wenn man den Peak unter GoldWave vergrößert erhält man den Wert für diese Resonanzfrequenz.

Abb. 3.4 Resonanzkurve eines Schwingkreises

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4. Digitales Messgerät mit Computeranschluss

4.1 Möglichkeiten und Grenzen

In mehreren Elektronik-Katalogen informierte ich mich über Multimeter, die ihre Messwerte direkt in einen PC einlesen können, so dass man sie in Excel weiterverarbeiten kann. Ich entschied mich für das Multimeter DT-9062 von DIGITEK (Abb. 4.1). Es ist nicht nur preiswert (78 DM bei ELV), sondern es gestattet auch die Messung einer Vielzahl von physikalischen Größen.

Abb. 4.1 Das Multimeter DT-9062 mit Anschlusskabel für RS-232 Schnittstelle

Von meiner ersten Messung, der Aufzeichnung einer Entladekurve eines Kondensators war ich begeistert.

Abb. 4.2 Entladekurve eines Kondensators

Doch die Enttäuschung folgte schon bei der zweiten Messung. Ein hässlicher Knick in der Kurve störte das Gesamtbild.

Abb. 4.3 Aufzeichnungsfehler im Bereich von ca: 400mV

Zuerst dachte ich, dass es ein zufälliger Messfehler ist. Doch dann fand ich heraus, dass immer dann hässliche Peaks entstehen, wenn das DT-9062 automatisch seinen Messbereich umschaltet.

Abb. 4.4 Nachweis des Umschaltfehlers

Bedauerlich ist auch, dass es nur drei Messwerte pro Sekunde aufzeichnen kann. Doch trotz dieser Schwächen hab ich den Kauf dieses Gerätes nicht bereut. Denn es gestattet in Kombination mit geeigneten Sensoren eine bequeme Messwerterfassung mit und ohne Computer. Ein Beispiel hier für gebe ich in Kapitel 4.2.

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4.2 Messung des Erdmagnetfeldes mit dem Magnetfeldsensor AA1002-2

Mit dem Multimeter DT-9062 und einem Magnetfeldsensor lassen sich viele interessante Versuche durchführen. Meine ersten Versuche mit dem Magnetfeldsensor KMZ-51 verliefen jedoch nicht sehr erfolgreich, da es mir nicht gelang, das Restmagnetfeld mit den Spulen Z1 (siehe Abb.4.5) zu kompensieren.

Abb. 4.6 Der GMR-Magnetfeldsensor AA1002-02

Der Magnetfeldsensor AA1002-02 ist sehr robust und trotzdem so empfindlich, dass man mit ihm problemlos das Erdmagnetfeld messen kann. Eine besonders interessante Messung gelang mir in der Sylvesternacht. Ich legte eine Spannung U(in) von 20V an den Sensor an und zeichnete U(out) mit dem Multimeter DT-9062 auf. Die Messung startete ich am 31.12.01 um 18.21 Uhr und beendete sie am 01.01.02 um 18.23 Uhr.

Abb. 4.7 Langzeitmessung des Erdmagnetfeldes

Im Diagramm erkennt man, das dass Signal langsam ansteigt. Dies kann als eine langsame änderung des Erdmagnetfeldes gedeutet werden, oder es handelt sich um eine Sensordrift. Besonders interessant ist jedoch der Signalanstieg um 0:00 Uhr. Ich dachte zuerst, er würde durch die gezündeten Böller und Raketen zur Jahreswende verursacht. Doch diesen Gedanken verwarf ich sehr schnell. Da ich ein Handy besitze, bemerkte ich, dass ich mich kurz nach Mitternacht nicht ins Netzt einwählen konnte. In der Nähe unseres Hauses steht in einer Entfernung von ca. 300m ein Sendemast. Ich vermute, dass er für die starke Magnetfeldänderung verantwortlich ist, weil zum Jahreswechsel halt sehr viel telefoniert wird.

Abb. 4.8 Der Sendemast
hinter unserem Haus

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5. Experimente mit einem preiswerten Interface

Da das DT-9062 für manche Versuche zu langsam war, suchte ich nach preiswerten Alternativen. Mein Vater kaufte mir einen Interface-Bausatz (MultiMess-2000-S) von Herrn Dr. Brandenburg aus Köln. Nach dem ich es zusammengelötet hatte, teste ich das Interface. Mit dem zugehörigen Programm lief es ohne Probleme.

Abb. 5.1 Das Brandenburg-Interface

Mit einer magnetisierten Stecknadel und dem Magnetfeldsensor AA1002-02 habe ich die unten in Excel dargestellte Abstandmessung durchgeführt. Im Abstand von 0 bis ca. 12 mm zeigt die Kurve einen linearen Verlauf und das Signal liegt deutlich über dem Wert des Erdmagnetfeldes.

Abb. 5.2 Abstandsmessung mit der Stecknadel

Aufgrund dieser Messung kam ich auf die Idee, ein Experiment zum freien Fall durchzuführen. Dazu steckte ich 15 magnetisierte Stecknadel im Abstand von jeweils 1cm in eine Kerze (Abb. 5.3). Nun ließ ich diese durch ein leeres Plastikrohr fallen (das Plastikrohr benutzte ich, damit die Kerze gerade fallen kann). Ich erwartete saubere Peaks in einem zeitlich immer kleiner werdenden Abstand. Leider war meine Messung zur Bestimmung der Erdfallbeschleunigung nicht brauchbar, da sich einfach keine sauberen Peaks einstellen wollten, sondern nur verwaschene Huckels. Inzwischen weiß ich auch woran dies liegt: Das Magnetfeld an den Magnetpolen ist zu breit gefächert.

Abb. 5.3 Kerze mit magnetisierten Stecknadeln

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6. Stromversorgung aus dem PC

Natürlich braucht man für viele Physikversuche ein Netzgerät. Leider sind gute Netzgeräte sehr teuer und nehmen den eh schon knapp bemessenen Platz am Computertisch zu stark in Anspruch. Deshalb bestellte ich mir bei Conrad Electronic den DC-Regulator (20DM). Der DC-Regulator ist eine PC-Stromversorgungskarte. Man schließt die Karte einfach an das interne Netzgerät des PC's an. Mithilfe eines Jumpers kann man die Ausgangsspannung der Karte nun im Bereich zwischen 3 bis 12V regeln (3, 4,5, 5, 6, 7,5, 9, 12V). Der Ausgangsstrom der Karte beträgt 2,2A. Die Vorteile der Karte liegen auf der Hand: sie ist sehr preiswert und nimmt keinen Platz auf dem Computertisch ein, da sie direkt im PC ist. Ich regelte die Spannung auf 9V runter um sicher zugehen, dass alle meine Versuche auch mit einer normalen Blockbatterie durchzuführen sind.

Abb. 6.1 Die Stromversorgungskarte

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7. Videoanalysen mit einer WebCam

Ein weiteres kleines und preiswertes Gerät, welches sich für den Physikunterricht im Medienraum eignet, ist eine WebCam mit USB-Anschluss. Mit ihr können die Schüler berührungslos Bewegungen aufzeichnen und auf der Festplatte abspeichern. Mittels eines geeigneten Videoanalyseprogramms, wie z. B. Galileo, können aus den Aufnahmen x-, y- und t-Werte ausgelesen werden. Als Beispiel hierfür habe ich ein Experiment zum waagerechten Wurf durchgeführt und mit Galileo und Excel ausgewertet. Die WebCam, die mir zur Verfügung stand, war die PCVC 740K WebCam von Philips, deren Verpackung wie ein Ei aussah. Dies war letztendlich auch ausschlaggebend für den Namen meiner Arbeit: "Die eierlegende Wollmilchsau". Ein Minilabor also, mit dem man fast alle Versuche machen kann.

Abb. 7.1 Aus dem Ei schlüpft die kleine Philips Cam

Abb. 7.2 Auswertung des waagerechten Wurfes mit Galileo

Abb. 7.3 Auswertung des waagerechten Wurfes mit Excel

Aus dem Excel Diagramm kann man sehr schön erkennen, dass der Ball in x-Richtung mit konstanter Geschwindigkeit fliegt während er in y-Richtung beschleunigt fällt.

Ein weiteres, interessantes Experiment ist es, mit der WebCam im Medienraum einen titschenden Flummi aufzuzeichnen. Diese Bewegung habe ich mit Excel ausgewertet.
Das t-s-, das t-v- und das t-a-Diagramm dieser Bewegung sieht man in Abb. 7.4

Den Zusammenhang zwischen s, v und a kann man auf diesen 3 Diagrammen sehr gut erkennen. Ich finde, der Flummiversuch ist ein gutes Beispiel für spannende Physik im Medienraum.


 

 

Abb. 7.4 Das s-t-, v-t- und a-t-Diagramm eines titschenden Flummis (von oben nach unten)

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8. Ausblick

Bis zum Wettbewerb möchte ich mit meinem "Minilabor für den Medienraum" noch viele Physikversuche machen, um allen Interessierten zu zeigen, dass es wirklich eine echte

EIERLEGENDE WOLLMILCHSAU

 
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9. Literatur

Stein, WalterVersuche mit der Soundkarte
Reihe Impulse Physik, Klett-Verlag, Stuttgart 1999